Mittwoch, 15. Juli 2015

DAS KALENDERBLATT #7

Sommer 1890

 
Bademoral
"Durch einfache Kleidung kann sich eine Frau gewissermaßen unsichtbar machen. Man weiß: Die Badegesellschaft führt gewissenhaft Buch über jeden Flirt und nicht immer sind die hofmachenden Herren auf Freiersfüßen und nicht immer die reizenden Herzensräuberinnen verheiratungsbedürftige junge Mädchen. Ist die umworbene zufällig eine verheiratete Frau, so ist es mindestens nötig, das sie sich von vielen gleichzeitig umwerben läßt.
Erlaubt ist, was gefällt; eine Abweichung vom allgemein üblichen Badeanzug dagegen würde missliebig auffallen. Wesentliches der Anmut liegt im Hut; das ist bei der Wassertoilette nicht anders wie auf der Promenade. Die neue Saison hat den Strand mit reizenden Hüten bevölkert: aus spanischen Shawls gewundene Turbans, aus geblumten Foulards gezogene Kappen, große, breitrandige mit Korallen und Tang garnierte Basthüte, Strohhüte, die mit feinem Netzwerk überzogen sind, kleine reizende Taffethäubchen, weiß lakiert mit buntem Blumendruck und steifer Rüsche."
aus „Über Land und Meer“

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