Sonntag, 24. April 2016

Die Frauenarbeitsschule - Teil I

 

Bis vor ein paar Tagen kannte ich dieses Heft noch gar nicht. Im Impressum heißt es dazu:

Diese Fachzeitschrift wird für Nadelarbeit und Hauswirtschaft in Zusammenarbeit mit den Lehrerinnen der württembergischen Haushaltungs-, Frauenarbeits- und Frauenfachschulen herausgegeben, Verlagsort Eßlingen (Nekar), 31. Jahrgang. III. Vierteljahr 1960 (jedes Heft mit Schnittbogen), erscheint vierteljährlich, Einzelheft 2,20 DM

Daraufhin habe ich mal ein bisschen im WWW gesurft und folgendes zusammengetragen:

Die Frauenarbeitsschulen entstanden um 1850 im Stuttgarter Raum. Dort gab es zu damaliger Zeit eine florierende Textilindustrie. Es wurden nicht nur Webwaren produziert, sondern auch  Handarbeiten jeglicher Art. Diese hauptsächlich von Frauen hergestellten Arbeiten wurden in die ganze Welt exportiert und bescherten den Kaufleuten millionenschwere Umsätze. Um der Konkurrenz standhalten zu können und das technische und modische Niveau der Handarbeiten zu erhöhen, wurde in Zusammenarbeit von Staat, Gemeinden, Handel und Gewerbe vor über 160 Jahren in Reutlingen die erste Frauenarbeitsschule Deutschlands gegründet.
Die Schülerinnen waren vorerst nur Töchter aus 'gutem Hause', denn Arbeiterinnen konnten sich den Lohnausfall und die Schulgebühren nicht leisten.  In drei- bis sechsmonatigen Kursen erlernten die Mädchen ab 14 Jahren vor allem Handarbeiten wie Weiß- und Kleidernähen, Hand- und Maschinennähen, das Anfertigen von Musterschnittzeichnungen, Sticken, Flicken, Klöppeln etc., aber auch Buchführung, Korrespondenz und kaufmännisches Rechnen.
Die Schule qualifizierte Frauen als Lehrerinnen, Facharbeiterinnen, Designerinnen und selbständige Näherinnen. Sie erhielten eine sowohl technische als auch künstlerische und kaufmännische Ausbildung und waren dadurch in der Lage, sich und ihren Familien den Lebensunterhalt zu sichern.
Die Nachfrage nach Kursen war enorm hoch, es kamen sogar Mädchen aus dem Ausland. Auch die Industrie schätzte die Ausbildung der Frauen und stattete die Schulen mit den neuesten Webstühlen, Näh- und Strickmaschinen aus. Auf internationalen Ausstellungen erhielten die Arbeiten der Schülerinnen viel Lob, Anerkennung und hoch dotierte Preise.
Nach dem ersten Weltkrieg verlagerte sich der Schwerpunkt des Unterrichts, bedingt durch den politischen Einfluss, auf Haushaltsführung und Anlerntätigkeiten in Handwerk und Industrie. In den 50er Jahren wandelte sich diese Schulart von der reinen "Bräuteschule" zur berufsbildenden Lehranstalt mit Realschulabschluß, bzw. Fachabitur als Vorbereitung auf Berufe wie Erzieherinnen, Krankenschwester, Hauswirtschafterin oder Ernährungsberaterin.

Ich werde noch ein bißchen weiter recherchieren, denn ich finde die Entwicklung dieser Schulart sehr interessant.  Auch wenn der Unterricht von damals auf die den Frauen zugestandenen Aufgaben ausgerichtet war, so hat das ihnen doch den Weg zu Bildung und damit Berufstätigkeit  und Unabhängigkeit geebnet.

Ich selbst habe in den 60ern eine Haushaltungsschule (im damaligen Schülerjargon "Puddingakademie" genannt) besucht und erinnere mich mit Grausen an den Handarbeitsunterricht. Das Nähen und Handarbeiten wurde erst zu meinem Hobby, als es keine Pflichtarbeit mehr war.

 


Vorführung selbst genähter
 Kleider, Röcke, Blusen und
 Küchenkleider
meiner Abschlußklasse


 
Quellen:

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